Port Disney: Die Geschichte von Disneys Traum am Pazifik

Lesedauer ca. 5 Minuten

Disneys Geschichte steckt voller Ideen, die aus dem einen oder anderen Grund nie verwirklicht wurden: Fantastischen Attraktionen oder sogar ganze Themenparks, wie Disney’s America oder den Disney-MGM Studios Europe. Ein völlig neues Disney Resort hätte Mitte der 1990er Jahre in Kalifornien entstehen können. Direkt an der Pazifikküste in Long Beach, etwas südlich von Los Angeles hätte es liegen sollen, die fantastische Welt von Port Disney

Am Anfang war das Disneyland Hotel

Wir müssen ein bisschen ausholen: 1955 öffnete gemeinsam mit Disneyland in Anaheim das Disneyland Hotel. Walt Disney hatte früh erkannt, dass sein Park auch ein eigenes Hotel bräuchte. Allerdings floss jeder Dollar, den er auftreiben konnte, direkt in Disneyland. Walt fragte seinen Freund, den TV-Produzenten Jack Wrather (der unter anderem hinter Serien wie „Lassie“ steckte), ob er nicht in ein Hotel investieren wollte. Wrather willigte ein – unter der Bedingung, dass nur er in Anaheim Hotels mit dem Namen “Disney” führen dürfe. Das Disneyland Hotel war vom ersten Tag an ein voller Erfolg. Als Walt später das Hotel seinem Freund abkaufen wollte, lehnte dieser ab. Es war eine Goldgrube.

Nach Jack Wrathers Tod im Jahr 1984 konnte die Walt Disney Company die Wrather Corporation übernehmen – und neben den Lizenzen an einigen TV-Serien auch das Disneyland Hotel. Aber mehr noch, denn plötzlich befand sich Disney im Besitz des Riesenflugzeugs Spruce Goose und des ausrangierte Ozeandampfers Queen Mary. Dazu kam der Pachtvertrag für ein riesiges Stück Land in Long Beach, auf dem beide Attraktionen lagen. Disney stand vor der Frage, was man nun mit so viel Land tun wolle. Port Disney erschien am Horizont…

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Ein brandneues Disney Resort an den Ufern des Pazifik

Ende der 1980er und Anfang der 1990er lief die Ideenschmiede der Disney Imagineers besonders heiß: die Disney-MGM Studios waren gerade eröffnet worden. Außerhalb von Paris entstand das sehr ambitionierte Euro Disneyland. Zig Ideen für neue Attraktionen, Shows und Parks hatten die Chance, Realität zu werden. 1990 ließ Disney verkünden, man habe vor, einen zweiten Themenpark in Südkalifornien zu bauen: Westcot in Anaheim, direkt neben Disneyland, oder Port Disney auf dem gerade erworbenen Stück Land in Long Beach. 

Port Disney war ein ganz neues Ferienresort: 3.900 Hotelzimmer, Shopping, Restaurants, ein Kreuzfahrtterminal und als Herzstück der DisneySea Themenpark. Die Imagineers wollten hier die „Mythen, Romantik, Herausforderungen und Geheimnisse der Ozeane“ thematisch aufnehmen. Über 3 Milliarden US-Dollar wollte Disney auf 167 Hektar investieren.

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Model des Port Disney Resorts: im oberen Teil die City-Side und unten mit dem Themenpark die Port-Side © Disney

Das Resort sah zwei Teile vor: Östlich der Flussmündung des Los Angeles Rivers hätten in der City-Side drei neue Hotels den Übergang zwischen der Stadt Long Beach und dem Disney Resort gebildet. In unmittelbarer Nachbarschaft war im Juli 1990 gerade die „Blue Line“ eröffnet worden. Diese Straßenbahn verbinde Long Beach mit dem Zentrum von Los Angeles. Von der City-Side aus wären die Gäste von Port Disney entweder mit einer Fähre oder mit der Monorail auf die andere Seite der Bucht zur Port-Side des Resorts gelangt. 

Hier sah Disney weitere Hotels, einen eigenen Yachthafen und Promenaden mit Shopping und Restaurants vor. Ausflugsboote sollten von hier aus Fahrten in Richtung Santa Monica oder nach Catalina Island vor der Küste anbieten. Hier hätte auch die denkmalgeschützte Queen Mary ein neues zu Hause finden sollen, wobei Disney nie verkündete, was man tatsächlich mit dem alten Ozeanriesen – der lange als Hotel diente – vorhatte. 

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Was hätte sein können: Konzeptzeichnung des DisneySea Themenparks für Port Disney in Long Beach © Disney

Kaliforniens DisneySea Themenpark

DisneySea versprach ein spektakulärer Themenpark zu werden: Besucherinnen und Besucher sollten sowohl in die fantastische Seiten der Weltmeere eintauchen als auch die realen Wunder des Ozeans erleben. Der Park hätte ähnlich wie Epcot in Florida unterhalten und lehrreich sein sollen. Kaliforniens DisneySea hätte viel stärker wissenschaftliche Aspekte eingebunden als Tokyo DisneySea einige Jahre später, das jedoch auf vielen Elementen seines nie verwirklichten Vorgängers aufbaut.

Das Wahrzeichen des Parks war „Oceana“, ein riesiges Gebilde aus Halbdomen, welche das damals größte Aquarium der Welt hätten beheimaten sollen. Viele Elemente aus Epcot’s The LivingSeas wollten die Imagineers hier an den Pazifik bringen und weiterentwickeln. Wissenschaftler sollten hier forschen und Gäste sollten mehr über unsere Ozeane erfahren. 

Ein gewaltiger Vulkan hätte in die Welt der Mythen und Sagen der Meere geführt: Mysterious Island. Kapitän Nemo hätte hier zu Nemo’s Lava Cruiser eingeladen – vermutlich eine Achterbahn. Die Hauptattraktion wäre jedoch ein Fahrgeschäft gewesen, das die Imagineers als modernes Pirates of the Caribbean beschrieben, und das uns auf Suche nach Atlantis geschickt hätte. Außerdem hätten Besucherinnen und Besucher Pirate Island erkunden können, das etwas nach einer Variante der Adventure Isle aus Paris klingt. 

Ein Labyrinth aus Wasserwänden hätte den Eingang zum Themenbereich Heroes Harbor gebildet: Ein antikes griechisches Dorf wäre das zu Hause von großen Seefahrer gewesen und zwei Rides sollten uns jeweils auf die Abenteuerfahrten von Odysseus und Sindbad mitnehmen.

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Feuerwerk über DisneySea in Long Beach © Disney

In Adventure Reef wollten die Imagineers Elemente aus Typhoon Lagoon(!) aufnehmen. Gäste hätten hier schnorcheln und surfen können – oder wären auf Tuchfühlung mit echten Haien gegangen. 

Direkt an der Bucht von Long Beach sollten in den Fleets of Fantasy zahlreiche märchenhafte Schiffe liegen, die kleinere Fahrgeschäfte angeboten hätten. Daneben hätten sich auf einem Vergnügungspier eine Achterbahn und ein Riesenrad erhoben – wer hier an Paradise Pier bzw. Pixar Pier denkt, liegt nicht ganz falsch. 

Die veröffentlichten Pläne für den Park waren in vieler Hinsicht noch vage und bis zu einer möglichen Eröffnung hätten sich sicherlich zahlreiche Details noch geändert. Und dennoch wirkt das kalifornische DisneySea wie ein Ort, den ich sehr gerne besucht hätte.

Der Traum endet

Ende 1991 hatte sich der Traum Port Disney schon ausgeträumt. Während Disney in Anaheim nur mit dem dortigen Stadtrat zu tun hatte, waren für das Projekt in Long Beach eine Reihe mehr Behörden der Stadt, des Staates Kaliforniens und auch der amerikanischen Bundesregierung beteiligt. Disneys Vorhaben, für den Themenpark mehrere Hektar Land aufzuschütten, rief außerdem Kritik von Amerikas sehr einflussreichen Umweltorganisation Sierra Club hervor. Auch der an Port Disney angrenzende Hafen von Long Beach fürchtete wirtschaftliche Beeinträchtigungen.

Jeweils für sich alleine genommen kein Grund, das Projekt abzusagen – doch Disney hatte eben die Option in Anaheim zu bleiben und dort einen neuen Themenpark zu bauen. Ein Großteil der Infrastruktur für den neuen Park konnte man hier gleich für Disneyland mit verwenden. Angesichts der weiter steigenden Kosten des damals laufenden Baus von EuroDisneyland erschien dies für Disney sehr attraktiv. Und der Stadtrat von Anaheim war sehr willig, auf Disneys Forderungen einzugehen. So entschied sich die Walt Disney Company für Anaheim – und für einen ebenso spektakulären Themenpark: Westcot… Was es damit auf sich hatte und warum dieser Park auch nie das Licht der Welt erblicken sollte, das ist eine ganz eigene Geschichte. 

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Disney trennte sich 1992 von der Queen Mary. Auf dem Gelände, auf dem die City-Side Hotels von Port Disney hätten liegen sollen, könnt ihr seit 1998 das Aquarium of the Pacific besuchen. Wo der Themenpark geplant war, weitete sich der Hafen von Long Beach aus. Ein großes “Was hätte sein können” bleibt zurück.

Doch viele der Ideen, die die Imagineers für Port Disney und seinen Themenpark hatten, brachten sie schließlich 2001 auf die andere Seite des Pazifiks: Tokyo DisneySea

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