Vorab: Der Film behandelt das Thema Kindesmissbrauch und zeigt starke Gewalt an Kindern. Wer diesem schweren Thema emotional nicht gewappnet ist, sollte den Film nicht besuchen und auch diese Rezension besser überspringen.
Wieso erscheint der Aritkel auf DisneyCentral.de? Der Film wird von 20th Century Studios und damit von Disney vertrieben.
Antlers, der neue Film von Scott Cooper, beschäftigt sich mit der Geschichte eines Jungens, welcher durch seine Verhaltensauffälligkeiten von seiner Lehrerin beobachtet wird. Sie vermutet, dass der Vater des Jungen, diesen und seinen verschwundenen Bruder stark missbraucht. Letztendlich stellt sich jedoch heraus, dass der Vater sich in ein gewalttätiges Monster verwandelt hat.
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Guillermo del Toro: Ein neues Projekt der Horror-Legende
Die Erwartungen für diesen Blockbuster lagen hoch. Produziert wurde er unter Anderem vom Horror-Liebling Guillermo del Toro, welcher verantwortlich ist für Meisterwerke wie ‘The Shape of Water’ oder ‘Pans Labyrinth’, produziert.
Und wie wir es von del Toro gewohnt sind, ist der Film optisch wunderschön. Ein grundsätzlich sehr düsterer Film, welcher aber, wie viele andere Filme, nie zu dunkel ist, sondern dennoch immer mit verschiedensten Lichtquellen spielt. Die Bilder sind stimmig und verbreiten sogar ein wenig herbstliche Stimmung. Zudem ist jede Kamera-Einstellung begleitet von schönen räumlichen Bewegungen oder tollen Lichteffekten. An dieser Stelle sei aber erwähnt, dass ein Gang ins Kino epileptische Anfälle hervorrufen könnte. Es kommt häufig und plötzlich zu schnellen und starken flackernden Lichteffekten, welche teilweise auch für mich, als nicht gefährdeter Mensch, unangenehm waren.
Die praktischen Effekte, also die Effekte, bei denen keine oder wenig Animation benutzt wurde, waren wirklich toll anzusehen. Man sieht wie viel Liebe und Zeit in dieser Filmproduktion steckten. Doch leider gehen die tollen Animatronics, welche für den Film kreiert worden sind unter der digitalen Nachbearbeitung verloren. Offiziell heißt es, dass nur Augen und Mundbewegung nachanimiert worden, doch den entsprechenden Figuren, fehlte leider die räumliche Tiefe. Optisch sahen diese komplett animiert aus, was ich sehr schade finde, da del Toro eigentlich immer atemberaubende Animatronics zeigt. Als Disney-Park Liebhaber und Requisiten-Enthusiast kann ich mich extrem für diese begeistern. ich hoffe daher auf ein detaillierten Einblick hinter die Kulissen, da ich gerne gesehen hätte, wie diese eigentlich im Raum wirken.
Die Heimat bringt alte Erfahrungen hoch
Aber jetzt auch zur Handlung. Wie bereits Anfangs erwähnt, handelt diese von Kindesmissbrauch und teilweise auch Kindesmord, wer sich nicht sicher ist, ob er dies verkraftet, sollte ab hier bitte nicht mehr lesen.
Die Handlung beschreibt Kindesmissbrauch, vor Allem emotional, sehr akkurat und durch seine düstere Natur auch sehr bewegend. An dieser Stelle sei gesagt, dass ich das große Privileg hatte, niemals selber von Missbrauch betroffen gewesen zu sein und ich es auch nie an Freunden erleben musste. Meine Beurteilung, wie akkurat diese Darstellung und Metapher ist, basiert also ausschließlich aus meinen Recherchen und Erzählungen. Es ist wichtig Opfern zuzuhören. Wenn euch diese also im Austausch sagen, dass sie sich nicht akkurat repräsentiert fühlen, ist es immer wichtig diese zu unterstützen und von diesen zu lernen.
Unsere Protagonistin, gespielt von Keri Russell, ist eine Lehrerin, welche nach langer Zeit zurück in ihre Heimatstadt zurückkehrt und dort ihren Beruf aufgreift. Sie zieht zurück in ihr altes Familienhaus, wo ihr Bruder immer noch wohnt. Eine Herausforderung für sie, da auch sie als Kind misshandelt wurde und dieser Ort sie oft zurückwirft. Was ihr genau geschehen ist, wird nicht konkret thematisiert, wir sehen aber wie schwer und lange eine misshandelte Seele mit den Erfahrungen kämpft. Da sie dieses bei ihrem Schüler vermeiden möchte, welcher auffällige Verhaltensweisen zeigt, setzt sie alles daran herauszufinden was bei ihm zuhause los ist.
Der junge Schüler schweigt im Unterricht, wird gemobbt und malt auffällig blutrünstige Sachen. Als er dann einmal etwas vorträgt, handelt seine Geschichte, von einer Familie, welche sich aus Not gegenseitig essen musste.
Eine Handlung, hinter der sich mehr versteckt
An dieser Stelle eine große Spoiler-Warnung. Ab hier gehe ich genauer auf die Handlung und vor Allem die Bedeutungen ein. Wer den Film also ohne Vorwissen sehen möchte, sollte also erst ins Kino gehen und dann gerne wieder kommen.
Lucas, so der Name des Jungen den wir begleiten, hat eigentlich Vater und Bruder. Die Mutter ist verstorben. Doch eines Tages fängt der Vater an sehr krank zu werden und sich langsam in ein blutrünstiges Monster zu verwandeln. Auch der jüngere Bruder von Lucas wird krank. Beide schließen sich aus freiem Willen ein, um Lucas und die Außenwelt zu schützen. Dennoch ist dieser jetzt für Alle verantwortlich. Er muss eigenständig sein Leben führen und zudem seiner Familie Essen besorgen, in diesem Fall Tiere, welche er entweder tot im Wald auffindet oder selber töten muss. Lucas hat Angst vor seinem Vater, da er eigentlich gar nicht mehr sein Vater ist, aber sucht weiterhin die Nähe zu seinem Bruder. Hier wird ein klassisches Muster von Kindesmisshandlung aufgegriffen. Oft stürzen sich die Eltern in Abgründe wie Abhängigkeit oder verkommen durch mentale Krankheiten, sodass das älteste Kind sich auch im jüngsten Alter dazu gezwungen sieht, selber für die Geschwister zu Sorgen. Meist entsteht eine Angst vor dem Elternteil, da diese sich durch ihre Sucht oder durch andere Probleme so sehr verändert haben, dass die Kinder etwas sehen vor dem sie sich fürchten. Ein Monster.
Der Wendigo- ein Wesen der amerikanischen Geschichte
Der Vater wurde in dieser Geschichte von einem Wesen eingenommen, welches bei vielen Menschen eine Erinnerung hervorrufen sollte. Er wurde von einem Wendigo besessen. Dieses Wesen stammt aus der indigenen Geschichte Amerikas. Der Wendigo entsteht aus einem Menschen, welcher Menschenfleisch verzerrt hat. Obwohl der Wendigo oft Thema vieler Horror-Stories ist, ist er dennoch historisch eine wichtige Gestalt. Für die Ureinwohner Amerikas ist dieser kein Mythos und sollte daher auch nicht wie eine Geschichte behandelt werden, welche nur da ist, um Leuten Angst einzujagen. Der Wendigo repräsentiert die Gier und die Kolonialzeit. Die Geschichten entstanden zur Zeit der Kolonialisierung, als die Stämme so von den Europäern vertrieben, beraubt und ausgebeutet wurden, dass diese gezwungen waren Kannibalismus zu betreiben.
Der Wendigo ist also kein Mythos um Kindern Angst zu machen, er repräsentiert einen wichtigen Teil der amerikanischen Geschichte und darf deshalb niemals in den Dreck gezogen werden.
Als ich das Kino verließ ging ich mit einem gemischten Bauchgefühl raus. Auf der einen Seite wusste ich, wie wichtig es ist, das diese Geschichte erzählt wird und das ich das erste Mal das Gefühl hatte, das diese nicht nur benutzt worden ist, um Leuten Angst einzujagen. Auf der anderen Seite wusste ich, das ich selber nicht das Recht habe, mir eine detaillierte Meinung darüber zu bilden, ob dies jetzt eine gute Darstellung war. Daher habe ich mich umso mehr gefreut, als ich lesen durfte, dass del Toro, als auch der Regisseur, beide höchsten Wert darauf lagen mit Fachmännern und -frauen zusammen zu arbeiten, welche indigener Abstammung sind und sich zudem aktiv für die Repräsentation als auch Geschichte ihrer Stämme einsetzen.
Die Darstellung des Wendigos wirkte zudem sehr durchdacht, auch hier hielt sich das Team an historische Darstellungen, als auch ihr Team an Beratern. Del Toro sagte: ‘Wir müssen uns daran erinnern, es geht nicht um ein Monster, sondern um einen Gott.’
Das Einzige was ich mir gewünscht hätte: Auch wenn hinter der Kamera indigene Personen beteiligt waren, wäre es mir wichtig, auf der Leinwand auch diese Repräsentation zu sehen. Graham Greene, welcher indigener Abstammung ist, ist in dem Film zu sehen. Dieser nimmt aber eher die Rolle des alten Weisen ein, der genau weiß was es ist und nur da ist, um den Recherche-Prozess der Hauptperson zu verkürzen. Auch dieser Auftritt ist natürlich Erfreuens wert, aber dennoch sollte man, wenn man von einer Kultur nimmt, auch immer etwas zurückgeben. Gerade wenn der Wendigo entstanden ist, weil Dieser so viel genommen worden ist. Dies ist kein Kritikpunkt wofür ich den Film verurteile, oder ihm eine böse Absicht hinterhersage. Ich schätze es sehr wert, wie respektvoll, an diese Erzählung herangegangen ist, dennoch sollte man immer die Möglichkeit ergreifen, auch auf solche kleinen Unstimmigkeiten bei der Produktion aufmerksam zu machen.
Ein gelungener Film, über schwere Themen
Natürlich sollten wir auch noch einmal über den Horror-Aspekt des Filmes reden. Dieser liegt definitiv, durch seine schwere Geschichte und seine sehr düstere Natur auf der ernsteren Seite des Horror-Kinos. Dieser Film ist nicht gemacht für den Horror-Zuschauer, welcher sich mit seinen Freunden gruseln möchte, sondern diesen Filme lege ich eher Leuten ans Herz, welche sich für eine so ernste Thematik interessieren und diese wertschätzen können. Der Film ist sehr blutrünstig, aber auch hier, nicht um einen Schock-Faktor zu erzielen, sondern da es zu einer akkuraten Erzählung beiträgt. Es wird aktiv gezeigt wie Kinder ermordet werden, dies trauen sich nicht viele Filme, und wer sich dem nicht gewappnet fühlt, sollte diesen Film auch bitte nicht ansehen. Die paar Schreck-Momente wirken nicht erzwungen und werden auch nicht künstlich durch laute Geräusche verstärkt.
Alles in Allem konnte ich mich durch die verschiedenen schwerwiegenden Thematiken, welche wirklich respektvoll und verständlich veranschaulicht worden, sehr für den Film begeistern. Ich kann ihn jedem empfehlen, welcher sich bereits mit einigen Horror-Filmen beschäftigt hat und sich auch in der Lage fühlt mit so einem schwerwiegendem Thema umzugehen. Zudem sollte man darauf vorbereitet sein, sehr blutrünstige Sachen zu sehen. Wer ‘Mother!’ oder ‘Ich seh, ich seh’ gut verkraftet hat, ist hier gut aufgehoben. Doch auch dies sind nur sehr vage Vergleiche, da ich noch nie einen Film gesehen habe, welcher das Gefühl dieses Films verkörpert.
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Ich persönlich bin sehr dankbar, dass ich die Möglichkeit bekommen habe, diesen einmaligen Film exklusiv vorher auf der großen Leinwand zu sehen. Ich werde ihn an einer besonderen Stelle in meinem Kopf abspeichern. Die Liebe, aber auch emotionale Tiefe, welche für diesen Film erbracht worden ist, ist durch den ganzen Film spürbar und ich bin mir sicher, dass noch viele Leute sich für diesen Film begeistern werden.
„Antlers“ startet heute, am 28. Oktober, pünktlich zu Halloween in den deutschen Kinos.
Redakteurin bei DisneyCentral.de
Schon als Kind war bei Alina die heutige Disney Faszination abzusehen.
Geprägt durch einige Besuche im Disneyland Paris, Disneyland Kalifornien und Walt Disney World. Sogar eine sogenannte Disney-Ecke in Ihrem Zimmer, die sich aber ganz schnell in das ganze Zimmer verbreitet hatte. Seitdem ist Disney aus Ihrem Leben nicht mehr wegzudenken.
Alina begeistert sich hauptsächlich für die Geschichte der Parks und Filme, wobei natürlich auch neue Projekte nicht fehlen dürfen. Seit Mitte 2018 ist sie aktiv in der Disney Instagram Community unterwegs.
Eine Antwort auf „Rezension: „Antlers“ – Ein Horror-Film über tiefes Leiden“